Zwangsurlaub vom Arbeitgeber — Was ist erlaubt?

Strand mit Sonnenschirmen aus geflochtenem Bast und einige Badegäste.

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Strand mit Sonnenschirmen aus geflochtenem Bast und einige Badegäste.

Ordnet der Arbeitgeber im Unternehmen Urlaub an, ohne dass dieser vorher von den Arbeitnehmern beantragt wurde, dann spricht man von Zwangsurlaub. Auch hierbei handelt es sich um arbeitsfreie, bezahlte Zeit, die vom Urlaubskonto des Arbeitnehmers abgezogen wird. Betriebsferien oder Werksferien zählen zu den bekanntesten Fällen von Zwangsurlaub. Grundsätzlich sind diese vertraglich geregelt und langfristig angekündigt. In anderen Fällen wird Zwangsurlaub dagegen kurzfristig und aufgrund von unvorhersehbaren Gründen angeordnet. Für alle Fälle gilt allerdings, dass sie nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sind.  

Darf der Arbeitgeber Urlaub anordnen?

Handelt es sich um den Mindesturlaub, dann sind Zeitpunkt und die Übertragbarkeit im Paragraf 7 Bundesurlaubsgesetz geregelt. Demnach sind „bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs“ grundsätzlich die „Urlaubswünsche des Arbeitsnehmers“ zu berücksichtigen. Damit will der Gesetzgeber erreichen, dass Arbeitnehmer ihren Urlaub selbst planen können. Somit kann der Chef nicht ohne Weiteres einfach Urlaub anordnen.

Welche Gründe können Zwangsurlaub vom Arbeitgeber rechtfertigen?

Vorrausetzung, um dennoch Urlaub „anordnen“ zu können, sind dringende betriebliche Belange. Die können mit Problemen im betrieblichen Ablauf, im technischen Arbeitsablauf oder mit der schlechten Auftragslage begründet sein. Ob dazu auch Betriebseinschränkungen, -störungen oder ein kurzfristiger Auftragsmangel aufgrund der Corona-Krise zählen, ist rechtlich zumindest fraglich und sollte im Einzelfall überprüft werden. Liegen nämlich keine dringenden betrieblichen Belange vor, könnte der Arbeitgeber laut Paragraf 615 BGB in den sogenannten „Annahmeverzug“ geraten. Das bedeutet: Wenn ein Arbeitnehmer arbeiten will und nicht kann, müsste der Arbeitgeber den Lohn nachzahlen. 

Gibt es eine Anküdigungsfrist für Zwangsurlaub?

Zwangsurlaub oder Betriebsferien sind rechtzeitig anzukündigen. Dabei ist auch auf angemessene Fristen zu achten. Ausnahmen können sich aber auch hier durch akute Krisen rechtfertigen. So nimmt beispielsweise eine Pandemie wie Corona keine Rücksicht auf das gültige Arbeitsrecht und kündigt sich vorher an. Aus diesem Grund gibt es zu dem meisten arbeitsrechtlichen Fragen rund um Corona weder konkrete Urteile noch klare Antworten.

Was ist, wenn ich keinen Urlaub mehr habe?

Laut Bundesurlaubsgesetz gilt für den Mindesturlaub, dass dieser „im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden“ muss. Eine Übertragung ins nächste Kalenderjahr ist nur in begründeten Ausnahmefällen erlaubt. Eine Verrechnung von Urlaubstagen aus dem folgenden Kalenderjahr sieht das Gesetz grundsätzlich nicht vor und dürfte damit in den meisten Fällen unzulässig sein. 

Was gilt für Urlaubstage, die über das gesetztliche Minimum hinausgehen?

Diesen Urlaubsanspruch dürften Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Falle eines Zwangsurlaubs zum Beispiel wegen Corona aus dem folgenden Kalenderjahr vorziehen. Dabei handelt es um Urlaub, der bei einer Fünf-Tage-Woche über mehr als 20 Tage hinausgeht. 

Bekomme ich trotzdem Geld, wenn der Urlaub verbraucht ist?

Rechtlich läuft der Gehaltsanspruch beim Zwangsurlaub wie auch beim normalen Urlaub unvermindert weiter. Ordnet der Arbeitgeber also Zwangsurlaub an, auch wenn der Urlaub verbraucht ist, darf dem Arbeitnehmer kein Schaden entstehen. Gegebenenfalls bleibt dann für diesen Zeitraum nur eine bezahlte Freistellung. 

Wie lange darf der Zwangsurlaub dauern?

Vorausgesetzt der Zwangsurlaub ist zulässig, dann gibt es für die Dauer keine gesetzliche Obergrenze. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurteil entschieden, dass der Arbeitgeber immer nur einen Teil des Urlaubs verplanen darf. Laut Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Anteil von 3/5 Zwangsurlaub und 2/5 individueller Urlaub angemessen sein.

Gibt es Alternativen zum Zwangsurlaub?

Grundsätzlich können für den Arbeitgeber auch Alternativen zum Zwangsurlaub in Frage kommen. Dazu zählen beispielsweise auch der Abbau von Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto. Um  Krisenzeiten wie in der Corona-Pandemie zu überstehen, Zwangsurlaub wegen einer schlechten Auftragslage zu vermeiden, können auch Kurzarbeit, Reduzierung der Arbeitszeit oder Kürzungen von Zuschüssen des Arbeitsgebers geeignete Maßnahmen sein und damit dem Arbeitgeber helfen, gewisse Kosten einzusparen. 

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