Hartz 4 Urteile

Inhaltsverzeichnis

Hartz 4 trotz verschweigen des Namens des Kindsvaters

Kinder haben grundsätzlich auch dann einen Unterhaltsanspruch gegen ihren leiblichen Vater, wenn dieser nicht mit der Mutter verheiratet ist. Bei der Durchsetzung eines solchen Unterhaltsanspruchs muss die Kindesmutter mitwirken, weil sie aller Wahrscheinlichkeit nach die Einzige ist, die wirklich weiß, wer der Vater ihres Kindes ist. Ihr Verschweigen des Kindsvaters kann aber nicht zum Nachteil des Kindes bewertet werden.

WKR-Erklärung: In einem Rechtsstreit, den das Sozialgericht Speyer entschieden hat, ging es darum, dass die Mutter eines minderjährigen Kindes nicht bereit war, den Namen des Vaters zu nennen. Statt Unterhalt vom Kindesvater zu verlangen, stellte sie für ihre Tochter einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach Hartz 4. Das zuständige Jobcenter lehnte die begehrte Leistungsbewilligung mit der Begründung ab, die Mutter müsse zuerst den Namen des Vaters angeben, damit dieser als Unterhaltspflichtiger für vom Jobcenter geleistete Zahlungen in Regress genommen werden könne.

Die Mutter, so das Jobcenter, habe mit der Nichtnennung des Vaters, ihre bestehende Mitwirkungspflicht verletzt und könne deshalb für das „vaterlose“ Kind keine Leistungen erhalten. Sozialleistungen nach Hartz 4 seien von Gesetz wegen subsidiär. Zunächst müssten andere Möglichkeiten, beispielsweise Unterhaltsforderungen, ausgeschöpft werden. 

Die Frau ließ sich von einem Anwalt für Soziales Recht beraten und legte gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch ein und erhob nach dessen Zurückweisung Klage vor dem Sozialgericht. Das Sozialgericht Speyer stellte den sozialen Aspekt der Leistungen zum Lebensunterhalt in den Mittelpunkt der Urteilsbegründung. Gestützt auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellte die Kammer klar, dass der Anspruch des Kindes allein von dessen Bedürftigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung abhängig sein dürfe.

Eventuelle Unterhaltsansprüche, von denen nicht nur nicht bekannt sei, gegen wen sie zu richten wären, sondern auch, ob sie überhaupt realisierbar sind, können nicht als Argument gegen das Bestehen der Bedürftigkeit angeführt werden. Ein mögliches Fehlverhalten der Mutter kann im Bereich der Hilfsleistungen zum Lebensunterhalt nicht zum Nachteil des bedürftigen Kindes geahndet werden. Das Gericht wies vorsorglich darauf hin, dass das beklagte Jobcenter möglicherweise einen Erstattungsanspruch gegen die Mutter wegen deren Verschweigen des Namens des Kindsvaters geltend machen könnte. Derartige Ansprüche, die sich gegen die Kindesmutter in eigener Person richten, waren nach Ansicht der Richter jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Die Ablehnung der Leistungsgewährung wäre nur dann gerechtfertigt, wenn eine Mitwirkungspflicht des Kindes bestanden hätte. Das Kind aber sei weder in der Lage noch rechtlich dazu verpflichtet, selbst Angaben zum Vater zu machen, um Leistungen zum Lebensunterhalt erhalten zu können. Dem Kind steht zwar ein Auskunftsanspruch zu, aber im Sozialgesetzbuch fehlt eine Vorschrift, die in der vorliegenden Situation einen Leistungsempfänger dazu verpflichtet, etwaige Unterhaltsschuldner zu benennen. (SG Speyer 25.10.2016 (S 6 AS 1011/15)

Quelle: www.rechtsindex.de

Grundsätzlich sind alle Einnahmen auf Grundsicherungsleistungen anzurechnen. Ausnahmen bestehen, soweit ihre Berücksichtigung grob unbillig ist oder sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nicht gerechtfertigt wären. 

WKR-Erklärung: Das Sozialgericht Düsseldorf hatte im Fall eines Hartz-IV-Empfängers zu entscheiden. Der 24-jährige erzielte Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit, erhielt zudem monatlich 110,- Euro von seiner Mutter und weitere 50,- Euro Taschengeld von seiner Großmutter. Vom Jobcenter erhielt der Mann aufstockende Grundsicherungsleistungen.

Bei der Berechnung der Aufstockung hatte das Jobcenter alle Einnahmen berücksichtigt, so auch die 50, Euro Taschengeld, die der Mann von der Großmutter bezog. Das wollte der er nicht akzeptieren und argumentierte, dass die Zuwendungen der Großmutter dazu dienten, seine Chancen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz zu verbessern. In Anbetracht dieser Tatsache sei die Berücksichtigung als Einkommen besonders unbillig. So sahen es auch die Richter und urteilten: Die Anrechnung des von der Großmutter zugewendeten Betrages von monatlich 50 Euro sind unzulässig, da hier die Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes nach § 11 a Abs. 5 SGB II gegeben sind. Nach dieser Vorschrift sind Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit

1. ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder
2. sie die Lage eines Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

Das Taschengeld der Großmutter sei nicht zum Bestreiten des Lebensunterhalts des Mannes gedacht, sondern um Bewerbungskosten zu finanzieren. Eine Anrechnung beeinträchtige die Bemühungen des Mannes “auf eigene Füße ” zu kommen. Zudem sei ein Betrag von 50,- Euro so gering (ein Achtel des Regelbedarfs), dass ein gleichzeitiger Leistungsbezug gerechtfertigt sei. (SG Düsseldorf – S 12 AS 3570/15)

Quelle: Hartz-IV: 50 Euro Taschengeld der Großmutter bleiben anrechnungsfrei | Rechtsindex

Taschengeld kann anrechnungsfrei sein

Grundsätzlich sind alle Einnahmen auf Grundsicherungsleistungen anzurechnen. Ausnahmen bestehen, soweit ihre Berücksichtigung grob unbillig ist oder sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nicht gerechtfertigt wären. 

WKR-Erklärung: Das Sozialgericht Düsseldorf hatte im Fall eines Hartz-IV-Empfängers zu entscheiden. Der 24-jährige erzielte Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit, erhielt zudem monatlich 110,- Euro von seiner Mutter und weitere 50,- Euro Taschengeld von seiner Großmutter. Vom Jobcenter erhielt der Mann aufstockende Grundsicherungsleistungen.

Bei der Berechnung der Aufstockung hatte das Jobcenter alle Einnahmen berücksichtigt, so auch die 50, Euro Taschengeld, die der Mann von der Großmutter bezog. Das wollte der er nicht akzeptieren und argumentierte, dass die Zuwendungen der Großmutter dazu dienten, seine Chancen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz zu verbessern. In Anbetracht dieser Tatsache sei die Berücksichtigung als Einkommen besonders unbillig. So sahen es auch die Richter und urteilten: Die Anrechnung des von der Großmutter zugewendeten Betrages von monatlich 50 Euro sind unzulässig, da hier die Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes nach § 11 a Abs. 5 SGB II gegeben sind. Nach dieser Vorschrift sind Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit

1. ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder
2. sie die Lage eines Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

Das Taschengeld der Großmutter sei nicht zum Bestreiten des Lebensunterhalts des Mannes gedacht, sondern um Bewerbungskosten zu finanzieren. Eine Anrechnung beeinträchtige die Bemühungen des Mannes “auf eigene Füße ” zu kommen. Zudem sei ein Betrag von 50,- Euro so gering (ein Achtel des Regelbedarfs), dass ein gleichzeitiger Leistungsbezug gerechtfertigt sei. (SG Düsseldorf – S 12 AS 3570/15)

Quelle: Hartz-IV: 50 Euro Taschengeld der Großmutter bleiben anrechnungsfrei | Rechtsindex

Jobcenter muss für Schulbücher zahlen

Der Bedarf „Schulbücher“ ist im Regelbedarf der Höhe nach evident unzureichend abgebildet, obwohl verfassungsrechtlich eine vollständige Bedarfsdeckung geboten ist.

WKR-Erklärung: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte mit einem Urteil bereits am 9. Februar 2010 entschieden, dass zur Erfüllung schulischer Pflichten notwendige Ausgaben (so auch für Schulbücher), zum existenziellen Bedarf von Kindern und Jugendlichen gehören.

Eine Gymnasiastin hatte vom Jobcenter 135,65 Euro für Schulbücher und 76,94 Euro für einen grafikfähigen Taschenrechner gefordert. Das Jobcenter genehmigte allerdings lediglich 100 Euro. Dieser Betrag ist für Regelsatzempfänger als sogenannte jährliche Schulbedarfspauschale für sämtliche benötigten Schulsachen vorgesehen. Gegen die Unterdeckung klagte die Gymnasiastin vor dem Sozialgericht Lüneburg. Hier hatte sie jedoch keinen Erfolg. Ihre Berufung vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen allerdings schon.

Die LSG-Richter meinten: Obwohl der Gesetzgeber die Schulbuchkosten im Regelbedarf verortet, deckt der Regelbedarf diese Kosten offensichtlich nicht ausreichend ab. Es sei nicht ersichtlich, wie mit den im Regelbedarf für Schulbücher vorgesehenen Beträgen, die hier tatsächlich bestehenden Schulbuchkosten gedeckt werden sollen. Die Richter befanden, die Gymnasiastin hätte schon ohne Bücher Aufwendungen für die Schule, die deutlich über der 100 €- Schulmittelpauschale lägen.

Fazit: Der im vorliegenden Verfahren streitbefangene Bedarf in Höhe von 135,65 € für die Beschaffung von Schulbüchern ist unabweisbar. Auf mögliche freiwillige Unterstützungsleistungen privater Dritter (wie etwa durch den Förderverein der Schule), könne die Gymnasiastin nicht verwiesen werden, weil freiwillige Leistungen privater Dritter nicht geeignet seien, existenzielle Bedarfe zu decken. Ebenso wenig lasse sich feststellen, dass die Klägerin konkrete Einsparmöglichkeiten habe. Hypothetische Einsparmöglichkeiten reichen nicht aus, diese müssten ausdrücklich festgestellt werden. Die im Grundsatz bestehende Einsparmöglichkeit durch „Umschichtung“ einen höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen scheide vorliegend aus. Grundsätzlich komme dieser Gedanke nur bei Bedarfen zum Tragen, die vom Regelbedarf hinreichend erfasst seien, was aber hinsichtlich des hier im Streit stehenden Mehrbedarfs nicht der Fall ist. (LSG Niedersachsen-Bremen / L 11 AS 349/17)

Anmerkung: Ein Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (§ 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II).  

Quelle: http://www.landessozialgericht.niedersachsen.de

Wohnkosten vor Räumungsklage

In Eilverfahren zur Übernahme von Wohn- und Heizkosten dürfen die Fachgerichte nicht erst darauf abstellen, ob gegen den Empfänger von Arbeitslosengeld II bereits Räumungsklage erhoben wurde.

WKR-Erklärung: Der Beschwerdeführer klagte vor dem Sozialgericht (SG) und Landessozialgericht (LSG) auf vorläufige Gewährung von Leistungen, einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, welche jedoch vom LSG mit der Begründung abgelehnt wurde, dass der Vermieter noch keine Räumungsklage eingereicht hätte.

Nach Beschluss des daraufhin angerufenen Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 01.08.2017 (Az. 1 BvR 1910/12) hat das LSG damit die Anforderungen an einen effektiven Rechtsschutz überspannt. Auch bereits vor der Räumungsklage könnten relevante Nachteile finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger Art entstehen, die ggf. zum Zeitpunkt einer Räumungsklage nicht mehr behebbar wären.

Quelle: Hartz IV: Vorläufige Wohnkosten schon vor Räumungsklage 

Vermögen durch Luxus verbraucht - Hartz 4 ist zu zahlen

Auf existenzsichernde und bedarfsabhängige Leistungen besteht ein Rechtsanspruch, welcher unabhängig von der Ursache der entstandenen Notlage und einem vorwerfbaren Verhalten in der Vergangenheit gegeben ist.

WKR-Erklärung: Ein Mann hatte seine Eigentumswohnung für 136.000 Euro verkauft. Zwei Jahre später, stellte er einen Antrag auf Hartz IV-Leistungen. 40.000,- Euro habe er für die Einrichtung seiner neuen Mietwohnung ausgegeben und 92.000,- Euro verlebt, 4.000 Euro seien übrig, gab der Mann an.

Zwar wurde dem Mann Hartz IV gewährt, allerdings wurde ihm später eine Ersatzpflicht für die Leistungen beschieden. Die Arbeitsagentur begründete: Der Mann habe, selbst wenn man die 40.000,- Euro für die Wohnungseinrichtung abziehe, monatlich für seinen Lebensunterhalt durchschnittlich 3.550,- EUR verbraucht. Es sei absehbar gewesen, dass bei diesem hohen Verbrauch über kurz oder lang Bedürftigkeit eintreten würde. Der Mann sei nicht berechtigt gewesen, einen so hohen Lebensstandard zu pflegen. Er habe vorsätzlich oder mindestens grob fahrlässig seine Bedürftigkeit herbeigeführt, was die Ersatzpflicht nach § 34 SGB II zur Folge hatte, so die Behörde.

Der Mann klagte vor dem Sozialgericht Düsseldorf und bekam Recht. Nach § 34 Abs. 1 SGB II ist zum Ersatz der verpflichtet, wer die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach SGB II ohne wichtigen Grund vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt. Das konnten die Richter im vorliegenden Fall nicht erkennen. Denn das dem Mann vorgeworfene Verhalten eines “luxuriösen Lebensstils” erfülle die Voraussetzungen des § 34 SGB II in keiner denkbaren Konstellation, so deren Meinung. Denn dann müsse ein innerer Zusammenhang zwischen der Herbeiführung der Bedürftigkeit und der Zahlung von Leistungen bestehen. Hierfür besteht jedoch kein Anhalt.

Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger in dem Zeitraum, indem er den von der Beklagten aufgeführten “luxuriösen Lebensstil” gepflegt haben soll, nicht bedürftig war und deswegen grundsätzlich berechtigt war, mit seinem Vermögen nach eigenem Gutdünken umzugehen. Die Vorschrift des § 34 Abs. 2 SGB II verpflichtet jedenfalls – nach hier vertretener Auffassung – nichtbedürftige Bürger nicht dazu, ihr Vermögen in einer Weise aufzuteilen, dass der Bezug von Sozialleistungen möglichst weit hinausgeschoben wird. Derartiges würde dazu führen, dass die Vorschriften des SGB II nicht nur für Bedürftige, sondern auch für weite Teile der Bevölkerung gelten würden, die gar nicht unter die Vorschriften des SGB II fallen und nicht bedürftig sind. Eine dergestalt weite Auslegung des SGB II ist jedenfalls mit Artikel 2 des Grundgesetzes unvereinbar.

Außerdem würde, selbst wenn man unterstellen würde, dass die Ausgabe von monatlich 3.550,- EUR einem “luxuriösen Lebensstil” entsprechen würde, allein dies den inneren Zusammenhang zwischen Gewährung von Sozialleistungen und Tatbestand der mindestens grobfahrlässig herbeigeführten Bedürftigkeit nicht erfüllen. 

Quelle: Urteil SG Düsseldorf / S 35 AS 257/15 

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