WKR-Erklärung:
Bietet ein Arzt auch außerhalb der Arbeitszeit Sprechstunden an und sprechen keine medizinischen Gründe für einen sofortigen Besuch, muss der Arbeitnehmer diese Sprechzeiten in Anspruch nehmen. Wenn der Arbeitnehmer allerdings vom Arzt zur Untersuchung/Behandlung einbestellt wird und der Arzt auf Terminwünsche keine Rücksicht nehmen will oder kann, liegt kein verschuldetes Arbeitsversäumnis vor. |
Ein Monteur hatte einen Arzttermin wahrgenommen der von 10:15 Uhr bis 11:45 Uhr dauerte. Für die Zeit vor und nach dem Termin stellte er einen Antrag auf Freizeitausgleich, sodass er an diesem Tag insgesamt nicht arbeitete. Der Arbeitgeber zahlte für diesen Tag die Arbeitsvergütung und belastete das Arbeitszeitkonto des Klägers mit 8,25 Stunden. Die regelmäßige Arbeitszeit des Arbeitnehmers dauerte von 7:15 Uhr bis 16:15 Uhr an den Tagen Montag bis Donnerstag und von 7:15 bis 13:00 Uhr am Freitag. Der behandelnde Arzt des Monteurs bescheinigte, dass der letzte Sprechstundentermin an den Tagen Montag bis Donnerstag um 15:00 Uhr und am Freitag um 12:00 Uhr lag. Es war also unstreitig, dass der Monteur keinen Arzttermin außerhalb seiner betrieblichen Arbeitszeit erhalten konnte. Er verlangte deshalb eine Gutschrift zugunsten seines Arbeitszeitkontos. Eine Stunde und 30 Minuten für die Dauer des Arztbesuches wollte er anerkannt haben. Der Arbeitgeber weigerte sich.
Das Arbeitsgericht wies die Klage des Monteurs erstinstanzlich ab. Mit der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen hatte er jedoch Erfolg. Der Monteur, so geht aus dem Urteil hervor, hat Anspruch auf Vergütung der Dauer seines Arztbesuchs (§ 14 Ziff. 3 MTV), da er für 1,5 Stunden unverschuldet an der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert gewesen sei. Kann oder will der Arzt auf terminliche Wünsche keine Rücksicht nehmen, liegt eine Konfliktsituation für den Arbeitnehmer vor, da er einerseits zur Arbeitsleistung verpflichtet ist und andererseits keine Möglichkeit hat, einen Termin beim Arzt seiner Wahl zu bekommen. Grundsätzlich gilt allerdings, dass ein Arztbesuch nicht bereits dann notwendig sei, wenn der behandelnde Arzt einen Arbeitnehmer während der Arbeitszeit zur Behandlung oder Untersuchung in seine Praxis bestelle. Vorliegend war die Arbeitsabwesenheit im Sinne des zutreffenden Tarifvertrages jedoch unumgänglich notwendig gewesen. Dem stünde auch § 13 Ziff. 3 MTV des Groß- und Außenhandels Niedersachsen nicht entgegen. (LAG Niedersachsen – 7 Sa 256/17)
Manteltarifvertrag des Groß- und Außenhandels Niedersachsen
• § 13 Ziffer 4 Freistellung von der Arbeit: „Der Anspruch auf bezahlte Freizeit entfällt, wenn der Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit, Kur, Urlaub oder andere Gründe ohnehin an der Erbringung der Arbeitsleistung gehindert ist. Grundsätzlich ist dem Arbeitnehmer auf Verlangen in Verbindung mit derartigen Ereignissen Urlaub zu gewähren.“
• § 14 Ziffer 3 Arbeitsverhinderung: In allen anderen Fällen unverschuldeter Arbeitsversäumnis wird das Entgelt nur für die unumgänglich notwendige Abwesenheit, höchstens jedoch bis zur Dauer von vier Stunden, fortgezahlt.“