Verhalten nach Unfall

Inhaltsverzeichnis

Wie verhalte ich mich nach einem Unfall richtig?

Gerade im Schockzustand nach dem Aufprall kommt es auf besonnenes und dennoch schnelles Handeln an. Zuerst sichern Sie die Unfallstelle so ab, dass nachfolgende Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden können. Schalten Sie die Warnblinkanlage ein, legen Sie die Warnweste an und stellen Sie das Warndreieck auf.

Falls nötig, schieben Sie das Fahrzeug aus dem fließenden Verkehr an den Fahrbahnrand. Wenn Personen verletzt worden sind, leisten Sie Erste Hilfe und rufen Sie über die Notrufnummer einen Rettungswagen. Verständigen Sie dann die Polizei und kümmern Sie sich um die Dokumentation der Schäden.

  • Nehmen Sie die Personalien aller Unfallbeteiligten und Zeugen auf und notieren Sie die Kfz-Kennzeichen der beteiligten Fahrzeuge.
  • Machen Sie Fotos von der Unfallstelle und den Schäden am Fahrzeug.
  • Fertigen Sie einen kurzen schriftlichen Unfallbericht und eine Lageskizze an.

Wie schnell muss ich den Unfall der Versicherung melden?

Sobald Sie wieder zu Hause sind, erstellen Sie die schriftliche Schadensmeldung für Ihre Versicherung, die Sie möglichst bald und im Regelfall innerhalb einer Woche einreichen müssen. Die Wochenfrist folgt aus den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung und greift immer dann ein, wenn Ihr Vertrag keine Spezialregelung enthält.

Sehen Sie also in Ihrem Versicherungsvertrag nach, ob eventuell eine kürzere Frist vereinbart wurde. Bei der Verletzung oder Tötung eines Menschen müssen Sie Ihre Versicherung innerhalb von 48 Stunden in Kenntnis setzen.

Was gehört in die Schadensmeldung?

Schildern Sie der Versicherung den Verlauf des Unfalls möglichst sachlich und klar und achten Sie darauf, dass Sie folgende Informationen und Nachweise übermitteln:

  • Tag und Uhrzeit,
  • Unfallort,
  • Namen und Anschriften aller Beteiligten,
  • Versicherung des Unfallgegners,
  • Namen und Anschriften der Zeugen und deren schriftliche Angaben,
  • Fotos und Skizze der Unfallstelle,
  • Fotos der Schäden.

Wann kann ich auf eine Schadensmeldung verzichten?

Grundsätzlich müssen Sie als Beteiligter an einem Unfall immer Ihre Versicherung informieren. Als schuldlos Geschädigter wenden Sie sich an Ihre Haftpflichtversicherung, bei Unfällen zwischen Haus und Arbeitsstätte müssen Sie außerdem Ihren Arbeitgeber unterrichten, damit dieser rechtzeitig eine Meldung an die Berufsgenossenschaft verfasst.

Nur wenn keine Personen zu Schaden gekommen sind und die entstandenen Blechschäden sich auf höchstens 500 Euro belaufen, können Sie sich auch ohne Hinzuziehung Ihrer Versicherung mit dem Gegner auf eine Ausgleichszahlung einigen. Bei größeren Schäden sollten Sie sich absichern, damit der Unfallgegner später nicht doch noch Forderungen gegen Sie erhebt. Melden Sie daher den Unfall unbedingt Ihrer Versicherung.

Muss ich immer die Polizei hinzuziehen?

Bei Unfällen mit Verletzten oder größeren Blechschäden informieren Sie immer die Polizei. Auch wenn ein Crash unter Drogen- oder Alkoholeinfluss passiert ist oder die Schuldfrage sich nicht sofort eindeutig klären lässt, rufen Sie die Polizei hinzu. Die polizeiliche Meldung ist außerdem ratsam, wenn Fahrzeuge oder Fahrer aus dem Ausland beteiligt sind.

Machen Sie sich klar, dass selbst bei geringfügigen Schäden zwar die Anzeige nicht zwingend vorgeschrieben, aber auch nicht verboten ist.

Wann zahlt die Haftpflichtversicherung nicht?

Die Haftpflichtversicherung tritt für alle diejenigen Schäden ein, die ihr Versicherungsnehmer anderen zugefügt hat. Sie haftet nicht für Schäden am eigenen Fahrzeug des Unfallverursachers. Unabhängig von einer Bagatellgrenze übernimmt die Versicherung auch schon Kleinstreparaturen, in bestimmten Fällen darf sie allerdings ihre Leistungen verweigern. So kann zum Beispiel eine verspätete Unfallmeldung dazu führen, dass der Geschädigte seine Ansprüche verliert.

Hat ein Versicherungsnehmer unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilgenommen oder in ähnlich schwerwiegender Weise gegen seine Pflichten als Kraftfahrer verstoßen, wirkt sich dies im Ergebnis nicht auf die Ersatzansprüche des Geschädigten aus. Die Versicherung muss dann zunächst für den Schaden eintreten, kann aber anschließend ihr Geld wegen Fahrlässigkeit teilweise oder vollständig vom Versicherungsnehmer zurückfordern.

Beispiele:
Fahren ohne gültigen TÜV berechtigt die Versicherung zu einer leichten Kürzung der Leistungen.

Telefonieren mit dem Handy ohne Freisprecheinrichtung kann grobe Fahrlässigkeit darstellen und zu einer erheblichen Kürzung der Ansprüche führen (OLG Koblenz, Urteil vom 14.05.1998 zu Az.: 5 U 1639/97).

Auch Küssen am Steuer ist als grob fahrlässiges Verhalten zu werten, so entschied das Landgericht Saarbrücken im Jahr 2012 (Urteil vom 15.02.2012 zu Az.: 5 O 17/11).

Bei Alkohol am Steuer hält die Rechtsprechung fast immer eine erhebliche Minderung der Leistungen für geboten, der BGH hat im Einzelfall sogar eine Kürzung auf Null angenommen (BGH, Urteil vom 22.6.2011 zu Az.: IV ZR 225/10).

Bei überhöhter Geschwindigkeit oder Unfallflucht kann die Haftpflichtversicherung den Unfallverursacher in Regress nehmen, wenn grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz im Einzelfall zu bejahen sind (OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.09.00 zu Az.: 4 U 198/99 und AG Nettetal, Urteil vom 25.02.2009 zu Az.: 17 C 65/08).

Grundsätzlich dürfen Autofahrer barfuß oder in losen Flip-Flops fahren, wenn sie dadurch nicht in ihren Fahrfähigkeiten beeinträchtigt werden. Nach einem Unfall hängt die Frage der Fahrlässigkeit davon ab, ob es auch mit festem Schuhwerk zu dem Schadensereignis gekommen wäre (LG München I, Urteil vom 23. Juni 2009, Az.: 17 O 2491/09.

Beim Bremsen, um einem Tier auszuweichen, kommt es darauf an, um welches Tier es sich handelt und bei welchem Tempo ein Zusammenstoß droht. Wer Rehen und anderen großen Wildtieren ausweicht, handelt nach der Rechtsprechung regelmäßig nicht grob fahrlässig (OLG Oldenburg, Urteil vom 22.09.2004, Az.: 3 U 80/04), sondern vollzieht eine gebotene Rettungshandlung. Denn der Fahrer darf versuchen, Schaden von sich und dem Fahrzeug abzuwenden. Plötzliches starkes Abbremsen wegen eines Hasen oder eines anderen Kleintieres, das keine erheblichen Schäden verursachen kann, ist dagegen nicht gerechtfertigt (BGH, Urteil vom 18.12.1996 zu Az.: IV ZR 321/95).

Kasko- oder Haftpflichtschaden?

Bei einem Haftpflichtschaden sind Sie selbst nicht Verursacher, sondern Geschädigter eines Unfalls. Ist dagegen ohne Verschulden eines anderen Verkehrsteilnehmers ein Schaden an Ihrem eigenen Fahrzeug entstanden, handelt es sich um einen Kaskoschaden. Je nach den Versicherungsbedingungen übernimmt dann die Teilkasko oder Vollkasko die Reparaturkosten, wobei Sie die vereinbarte Selbstbeteiligung beisteuern müssen.

Die Teilkaskoversicherung kommt zumeist nur für Schäden auf, die Sie nicht verursacht haben, sondern die durch Dritte oder sonstige Ereignisse herbeigeführt wurden, wie zum Beispiel Zusammenstöße mit Wild, Glasbruch oder Diebstahl. Wenn Sie selbst einen Unfall verschuldet haben, ersetzt nur eine Vollkaskoversicherung die Schäden an Ihrem Fahrzeug.

Hat die Versicherung ein Recht auf Nachbesichtigung?

Oftmals haben die Versicherer Zweifel daran, ob eine Reparatur fachgerecht durchgeführt worden ist, beziehungsweise ob die bei der Begutachtung angegebenen Schäden tatsächlich vorhanden waren. Um sich davon zu überzeugen, verlangen Sie in manchen Fällen vom Geschädigten, sie das Fahrzeug mit einem eigenen Gutachter inspizieren zu dürfen. Ein generelles Recht auf Nachbesichtigung steht den Versicherungen nach der gefestigten Rechtsprechung nicht zu. Nur bei begründeten Zweifeln an der Richtigkeit des vorgelegten Sachverständigengutachtens erkennen die Gerichte einen Anspruch auf eigene Nachprüfungen an. Abweichend hat aber das OLG Saarbrücken im Jahr 2018 (Beschluss vom 29.05.2018 zu Az.: 4 W 9/18) entschieden, dass eine Haftpflichtversicherung das Unfallfahrzeug auch ohne Angaben von Gründen besichtigen darf.

Im Ausgangsfall hatte sich während des gerichtlichen Verfahrens herausgestellt, dass die Erstbegutachtung fehlerhaft gewesen war. Die übrigen Gerichte bleiben jedoch dabei, dass die Versicherung ihr Verlangen auf Nachbesichtigung begründen muss.

Wie verhalte ich mich, wenn eine Nachbesichtigung verlangt wird?

Als Geschädigter sollten Sie dennoch versuchen, der gegnerischen Haftpflichtversicherung entgegenzukommen, weil Sie anderenfalls erst Klage erheben müssten, um zu Ihrem Geld zu kommen. Stellen Sie sich aber nicht schutzlos der Versicherung und Ihrem Gutachter gegenüber, sondern lasen Sie sich von Ihrem Kfz-Sachverständigen begleiten. Aus Gründen der Waffengleichheit können Sie sich das Honorar Ihres Sachverständigen wiederum von der gegnerischen Haftpflichtversicherung erstatten lassen.

Welche Pflichten habe ich gegenüber der Versicherung?

Bei der Schadensregulierung müssen Sie Ihrer Versicherung gegenüber zwei grundlegende Pflichten beachten: die Anzeigepflicht und die Aufklärungspflicht. Sie müssen nach dem Unfall fristgemäß Ihre Meldung erstatten und dabei den Hergang aussagekräftig dokumentieren.

Außerdem gehört zur Anzeigepflicht, dass Sie den Schaden solange in unverändertem Zustand bestehen lassen, bis sich die Versicherung ein Bild davon machen konnte. Im Rahmen der Aufklärungspflicht müssen Versicherungsnehmer alle nötigen Informationen übermitteln, die die Versicherung zur Schadensermittlung benötigt.

Um Ihren Versicherungsschutz nicht zu gefährden, dürfen Sie keine Falschangaben machen und keine wesentlichen Umstände verschweigen.

Sie benötigen juristischen Beistand? Unsere Rechtsanwälte sind für Sie da.

Kontaktformular WKR

Brauchen Sie rechtliche Beratung?

Senden Sie uns jetzt Ihre Anfrage und erhalten Sie innerhalb von zwei Arbeitstagen unsere Antwort.


Kostenlose Ersteinschätzung

Senden Sie uns einfach Ihre Anfrage und Sie erhalten innerhalb von 24h unsere Ersteinschätzung.

*Pflichtfeld